Modellversuch KomWoB NRW

Hintergrund

Anlass für das Projekt war ein Gutachten, das der damalige Kommunalverband Ruhrgebiet (KVR) im Jahr 1995 - in einer Phase noch angespannter Wohnungsmärkte - in Auftrag gab.

Das Gutachten sollte lokale Ansätze für eine kontinuierliche Wohnungsmarktbeobachtung erheben und damit die Basis für ein gemeinsames Beobachtungssystem der Ruhrgebietskommunen bilden. Die Untersuchung machte deutlich, dass die Wohnungsmarktbeobachtung ein dringendes Anliegen der Kommunalpolitik ist – allerdings in kaum einer Kommune durchgeführt wird. Damals existierte nur in Dortmund, Oberhausen und ansatzweise in Essen eine regelmäßige Marktbeobachtung und -berichterstattung; ähnliche Ansätze gab es des Weiteren z. B. in München und Nürnberg. Das Dortmunder System der Wohnungsmarktbeobachtung, ab 1992 im Amt für Wohnungswesen isntalliert, galt hinsichtlich Konzeption und Durchführung bundesweit als Vorreiter (vgl. Westphal 1994).

Als auf Basis des Gutachtens keine gemeinsame Marktbeobachtung für das Ruhrgebiet initiiert werden konnte, ergriff die Wohnungsbauförderungsanstalt NRW (Wfa) die Initiative: Sie war sehr daran interessiert, ihr landesweites Beobachtungssystem zu ergänzen. Zudem erhoffte sie sich eine Stärkung des kommunalen Wohnungsmarkt-Knowhows und letztendlich einen optimaleren Einsatz der Fördermittel. Der Startschuss für den „Modellversuch kommunale Wohnungsmarktbeobachtung NRW“ (KomWoB) fiel 1997 mit zwei Informationsveranstaltungen; 1998 wurde die Beratungs- und Koordinierungsstelle bei der Wfa eingerichtet.

Ziel war es, nordrhein-westfälischen Kommunen die Möglichkeit zu geben, eigene Marktbeobachtungssysteme aufzubauen und zu verstetigen (vgl. Heitkamp 1999). Die Universität Dortmund (heute TU Dortmund) und das Wohnungsamt der Stadt Dortmund beteiligten sich in beratender Funktion.

Projektleitung & -koordination

Dr.-Ing. Thorsten Heitkamp, Dipl.-Ing. Raumplanung, Wfa (bis Ende 2001)


Wissenschaftliche Begleitung

Prof. Dr. Volker Kreibich M.A., Geograph,
Fachgebiet "Geographische Grundlagen der Raumplanung" an der Fakultät Raumplanung, Universität Dortmund (bis 2006)


Beratung aus kommunaler Perspektive

Dr. Helmut Westphal, Wohnungsamt, Stadt Dortmund (bis 2007)


KomWoB-Teilnehmerstädte

Duisburg, Essen, Hagen, Hamm, Lünen, Witten, Unna, Lippstadt, Bielefeld, Münster, Mönchengladbach, Düsseldorf, Solingen, Kerpen, Aachen.
 

Ergebnisse

Trotz zum Teil erheblicher Widrigkeiten (Kosten, Personalknappheit, andere politische Prioritäten) hat sich in fast allen Teilnehmerkommunen ein Beobachtungssystem etablieren können. Das im Modellversuch erarbeitete Konzept der kommunalen Wohnungsmarktbeobachtung hat auch über Nordrhein-Westfalen hinaus starke Resonanz gefunden.

Als wesentlich gelten folgende Faktoren:

  • Vernetzung: Im Rahmen des Modellversuchs bildeten sich Arbeitsgruppen zu speziellen Themen (z. B. Expertenbefragung Wohnungsmarktbarometer, Wanderungsmotivbefragungen). Da sich dieser Erfahrungsaustausch für die Arbeit aller Beteiligten sehr bewährt hatte, gründeten Wfa und Städte nach Ablauf des Modellversuchs den „Initiativkreis kommunale Wohnungsmarktbeobachtung NRW“ (IK KomWoB) und setzen die Zusammenarbeit in diesem Rahmen fort.
  • Verbreitung: Der Modellversuch hat zur weiteren Verbreitung des Konzepts beigetragen: Während seiner Laufzeit 1998-2001 gelang es fast allen Städten, mindestens einen Bericht zu publizieren. In der Mehrzahl der Städte hat sich ein regelmäßiger Berichtsturnus etabliert.
    Je kleiner die Kommune, desto kürzer sind zwar die Wege in der Verwaltung, desto knapper aber auch die Kapazitäten. Gerade in Mittelstädten und kleineren Großstädten erscheinen die Marktberichte daher in größeren Abständen, weil sie im Wechsel mit anderen Aufgaben erledigt werden (z. B. Mietspiegel, Baulandprogramme). Zehn Jahre später betreiben 13 von ursprünglich 16 Städten die Wohnungsmarktbeobachtung.
  • Wohnungsmarktkompetenz der Verwaltung: Die Zuständigkeiten für das Handlungsfeld Wohnen in den Verwaltungen sind meist auf zahlreiche Ämter und Dezernate verstreut.
    Mit der Federführung der Marktbeobachtung sind Mitarbeiter aus Statistik, Stadtentwicklung, Liegenschaften, Wohnen oder Sozialplanung betraut. Die intensive Arbeit mit Wohnungsmarktdaten und die vielfältigen Kontakte, die bei der Organisation der Daten und dem Berichtsmarketing
    entstanden sind, haben das Fachwissen der Beteiligten abrunden und über den Sozialwohnungssektor hinaus erweitern können. In einigen Städten haben sich die verantwortlichen Stellen nach innen wie nach außen zum ersten Ansprechpartner in Wohnungsmarktfragen entwickelt.

    Darüber hinaus sind beim Aufbau der Marktbeobachtung in vielen Städten zum ersten Mal verwaltungsinterne Arbeitsgruppen zum Thema Wohnen entstanden. Für das Gelingen der Zusammenarbeit hat es sich als vorteilhaft erwiesen, schon den Beschluss zum Aufbau einer laufenden kommunalen Wohnungsmarktbeobachtung unter Beteiligung möglichst vieler relevanter Ämter zu fassen und deren Beitrag auch intern zu kommunizieren. Mit der Vernetzung der unterschiedlichen Sichtweisen und Aktivitäten in der Verwaltung, insbesondere der strategischen-konzeptionellen Ebene mit der Durchführungsverwaltung, ist nicht nur die Qualität der Marktbeobachtung, sondern auch die des wohnungspolitischen Verwaltungshandelns deutlich gestiegen.
  • Regionalisierung: Die Erkenntnis, dass Wohnungsmärkte nicht an kommunalen Grenzen enden, ist zwar nicht neu. Dennoch gibt es – ganz im Gegensatz zu anderen Politikbereichen – auf der Ebene der Wohnungsmarktregionen kaum informelle Beziehungen, geschweige denn formale Kooperationen (Kreibich 1999; 2000). Im östlichen Ruhrgebiet haben einige KomWoB-Städte daher während der Laufzeit des Modellversuchs eine regionale Arbeitsgruppe gebildet, aus der sich zu Beginn des Jahres 2004 der neue Modellversuch RegioWoB entwickelt hat. Ziel war der Aufbau einer gemeinsamen Wohnungsmarktbeobachtung aller Kommunen der Region. Der zunächst recht unverbindliche, für alle aber wertvolle Informationsaustausch schuf Vertrauen und eine weitergehende Vernetzung der Teilnehmer, die, so die Erwartung, die Basis für eine spätere vertiefte Zusammenarbeit auch auf konzeptioneller Ebene bilden sollte.

Dokumentation & weiterführende Literatur

Wissenschaftliche Grundlagen